Betroffene in Ostholstein gesucht

Ein Brummtonbetroffener berichtet aus dem hohen Norden

Vor vier Jahren habe ich an meinem Wohnort im Norden Ostholsteins erstmals ein Brummgeräusch wahrgenommen. Wie oft beschrieben, klang es, als lasse ein LKW ein paar Häuser weiter den Motor laufen. Nach ein paar Stunden verschwand der Ton wieder. Gelegentlich tauchte das Geräusch wieder auf, aber ich habe mir nichts weiter dabei gedacht. Vor drei Jahren wurde der Brummton deutlich stärker, immer im Winter und in der Nacht, bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Ich bin nachts um die Häuser gelaufen und habe nach der Ursache gesucht. Es gab Baustellen in der Nähe, die ich in Verdacht hatte. Aber dort war nichts, keine Pumpe, kein Generator, nichts. Irgendwann verschwand der Brummton wieder und kehrte nach einigen Wochen zurück, wieder bei den beschriebenen Wetterbedingungen.

Vor zwei Jahren verstärkte sich der Ton erneut

Mein Vermieter, der im Keller wohnt, hörte das Brummen nun auch. Er fühlt sich dadurch nicht besonders gestört, da meistens der Fernseher läuft und in der Nacht benutzt er Ohrstöpsel. Wieder trat der Brummton nur im Winter auf. Es begann im Dezember, hielt immer ein paar Tage an und hörte dann wieder auf. Im Frühjahr verschwand der Ton ganz und den ganzen Sommer über war Ruhe. Im vergangenen Dezember verschärfte sich die Situation deutlich. Der Brummton hält nun tagelang an, ist auch tagsüber hörbar und ist nun schon seit drei Wochen ununterbrochen da, nachdem er vorher eine kurze Pause eingelegt hatte. Er tritt nun auch bei höheren Temperaturen auf und wird teilweise so laut, dass Gegenstände in der Wohnung anfangen zu vibrieren.

Deutlicher Peak bei 35 Hertz

Um Einbildung auszuschließen, habe ich Messungen durchgeführt. Eine einfache Spektrumanalyse mit einem Tablet-PC brachte keine sinnvollen Ergebnisse. Mit einem empfindlichen Mikrofon am Oszilloskop konnte ich aber in der FFT-Anzeige einen deutlichen Peak bei 35 Hz sehen. Das entspricht der Frequenz, die ich auch vorher durch Vergleich mit einem Tongenerator ermittelt habe. In den letzten Tagen habe ich den Ton auch erstmals im Freien bemerkt. Während des Spaziergangs durch die Felder gab es immer wieder Punkte, an denen der Ton deutlich zu hören war, auf einer Strecke von wenigen Metern. Auf dem weiteren Weg verschwand er wieder, auf dem Rückweg war er an den selben Stellen wieder da. Also habe ich versucht, der Intensität des Tons zu folgen, die Ursache irgendwie einzukreisen. Dabei ist mir ein Blockheizkraftwerk aufgefallen, das am Ortsrand steht. Das war bisher der heißeste Kandidat für den Verursacher. Glücklicherweise konnte ich zum Techniker der Betreiberfirme Kontakt aufnehmen. Er kam bei uns vorbei und konnte per Fernsteuerung den Motor und sämtliche Pumpen des BHKW abschalten. Der Brummton blieb. Um irgendwie eine Nacht durchschlafen zu können, habe ich mir eine Ferienwohnung besorgt, die ca. 1km von meiner Wohnung entfernt ist. Doch schon beim Betreten der Wohnung habe ich den Brummton auch hier wahrgenommen. Zur Zeit sind hier keine Feriengäste, deshalb stehen viele Ferienwohnungen leer. So konnte ich noch zwei weitere Wohnungen testen, in denen es auch brummt.

Es ließ sich keine Richtung ableiten

Also habe ich sämtliche Punkte, an denen ich den Brummton wahrnehmen konnte, in eine Karte eingezeichnet. Der Pegel ist überall ungefähr gleich stark, daraus ließ sich also keine Richtung ableiten, in der der Verursacher zu suchen ist. Das brachte mich darauf, in größerer Entfernung nach dem Ton zu fahnden und ich habe eine Wohnung in der Nachbarstadt, ca. 10 km entfernt, aufgesucht. Auch hier ist der Ton deutlich zu hören. Zur Zeit bin ich mit den Nerven völlig am Ende, kann nicht schlafen und nicht arbeiten. Um irgendwie über den Tag zu kommen, lasse ich Meeresrauschen und Musik laufen. Das nervt aber auch irgendwann. Ich möchte einfach nur ein wenig Ruhe. Inzwischen gibt es deutliche körperliche Reaktionen wie Kopfschmerzen, Zittern, Schwindelgefühl, Herzrasen und natürlich ständige Müdigkeit. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalten kann. Gestern und vorgestern gab es kurze Pausen von ein bis zwei Stunden, in denen es wirklich völlig ruhig war. Danach steigerte sich der Brummpegel ganz langsam wieder und war nach ca. einer Stunde auf dem bekannten Nervpegel.

Auf der Suche nach anderen Betroffenen

Derzeit sieht es nicht so aus, als ob sich die Ursache finden ließe. Es brummt in einem Umkreis von mindestens zehn Kilometern. Mein nächster Schritt ist, über eine Annonce in der Regionalzeitung nach weiteren Betroffenen zu suchen. Würde mein Vermieter den Ton nicht zu exakt den selben Zeiten hören wie ich, würde ich natürlich an meiner eigenen Wahrnehmung zweifeln. Aber es gibt immerhin Ohrenzeugen und Messergebnisse. In den letzten Wochen habe ich viele Berichte über Brummtonphänomene gelesen und merke, dass es nicht viel Anlass zur Hoffnung gibt, die Ursache zu finden und zu beseitigen. Sollte ich zu neuen Erkenntnissen gelangen, lasse ich die gerne hier.

Update vom 2.2.2021

In den letzten Wochen hat sich vieles verändert. Nachdem ich drei Jahre lang nachts durch die Straßen gelaufen bin, um die Quelle des Tons zu finden, brachten mich Hinweise von Bekannten und Erfahrungsberichte im Netz darauf, dass es sich vielleicht doch um eine organische Ursache handeln könnte. Ich habe das zunächst strikt abgelehnt. Alles deutet auf eine äußere Ursache hin: Der Brummton hat eine Richtung, ist hauptsächlich im Haus zu hören, verschwindet, wenn ich die Ohren zuhalte usw. Ein einfacher Test machte mich dann jedoch skeptisch. Viele Brummton-Hörer berichten, dass der Ton bei schnellen Kopfbewegungen verschwindet. Das ist auch bei mir der Fall. Leise Musik etwa, die ich zum Vergleich eingeschaltet habe, bleibt aber bei dieser Bewegung hörbar. Dann ist mir aufgefallen, dass der Ton fast unhörbar leise ist, wenn ich einen Stöpsel im rechten Ohr trage, obwohl ich das Brummen scheinbar auf beiden Ohren wahrnehme. Um die Sache weiter einzukreisen, habe ich mehrere Anzeigen in regionalen Zeitungen aufgegeben und gefragt, ob noch jemand den Ton hört. Das Ergebnis war ernüchternd und aufschlussreich: Es kamen nur zwei Rückmeldungen, die sich aber auf andere Phänomene bezogen.

Entsteht der Ton in meinem Kopf?

Damit war klar: Auch wenn alles darauf hindeutet, dass der Ton von außen kommt, kann es doch sein, dass er im Ohr oder im Kopf entsteht. Tatsächlich gibt es auch viele Berichte, die darauf hindeuten. Die findet man allerdings kaum, so lange man nach äußeren Ursachen sucht. Nun habe ich Termine beim HNO-Arzt gemacht, parallel dazu einen Physiotherapeuten aufgesucht und ich mache mehr Sport, dazu spezielle Dehnübungen für Hals und Schultern, außerdem nehme ich Magnesium. Die Behandlung beim Physiotherapeuten hat mir immerhin einen brummfreien Tag beschert. Nach einer weiteren Brummphase hatte ich nun zwei ruhige Tage und Nächte und bin gespannt, wie sich das weiter entwickelt. Und die Messergebnisse? Die habe ich wiederholt und festgestellt, dass ich offenbar eine elektrische Störfrequenz gemessen habe, die in die Leitung des Messgerätes einstrahlt. Bleibt noch mein Vermieter, der den Ton auch hört: Möglicherweise handelt es sich da ebenfalls um ein Ohrgeräusch.
Mein Appell an alle Brummton-Hörer: Auch wenn der Ton noch so überzeugend und realistisch ist, wenn alles auf eine äußere Ursache hinweist – bitte zieht in Betracht, dass er auch eine organische Ursache haben kann und geht dieser Spur nach. Vertraut nicht alleine auf eure Wahrnehmung, denn die ist extrem unzuverlässig.

4 Gedanken zu „Betroffene in Ostholstein gesucht

  1. Pe

    Update zur Ostholstein-Geschichte nach nunmehr einem Jahr:

    Nachdem drei Physiotherapeuten und ein Sportarzt die Halswirbelsäule und die durch jahrelange Schreibtischarbeit geschwächte Schulter- und Rückenmuskulatur als mögliche Ursache identifiziert hatten, habe ich mit diversen Übungen begonnen. Dazu gehört leichtes Hanteltraining, teils seitlich im Liegen, Dehnübungen für Schultern und Arme, dann mehrmals pro Woche eine halbe Stunde auf dem Rudergerät und Krafttraining an verschiedenen Geräten, immer mit Fokus Rücken, Schultern und Hals.

    Außerdem habe ich meine Sitzhaltung geändert, verbringe weniger Zeit am Schreibtisch und mache auch während der Arbeit regelmäßig Dehnübungen.

    Ergebnis: Kein Brummton diesen Winter. Manchmal, wenn ich eine Woche nicht trainiere, schleicht sich ein ganz leichtes Minibrummen am Abend an. Dann mache ich ein paar Übungen, um die Halswirbelsäule, speziell die Bandscheiben, zu entlasten und er verschwindet wieder.

    Was geblieben (oder gekommen) ist, ist ein gelegentlich auftretender Schmerz im Nacken, weil da offenbar, wie auf dem Röntgenbild ersichtlich, eine Bandscheibe platt ist. Je fleißiger ich trainiere, desto seltener tritt er auf.

    Es war eine heftige Zeit, die letzten Winter haben mir brummtechnisch sehr zugesetzt und die Situation war in jeder Hinsicht existenzbedrohend. Dank großartiger Unterstützung von kundigen Menschen habe ich jetzt Ruhe und hoffe, dass es so bleibt.

    Aufwärts ging es ab dem Moment, an dem ich die Möglichkeit in Betracht zog, dass der Ton nicht von außen kommt, sondern ein Phänomen meines eigenen Körper ist.

    Was übrigens überhaupt nicht hilfreich war, war das kostenpflichtige „E-Book“ (eigentlich nur ein kleines PDF-Dokument) mit dem Titel „Brummtonheilung“ von Sebastian Knabe. Das enthält keinerlei Fachwissen und ist inhaltlich mit dem Satz „Gewöhne dich daran“ vollständig beschrieben.

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  2. Infraschall2020

    „Ein einfacher Test machte mich dann jedoch skeptisch. Viele Brummton-Hörer berichten, dass der Ton bei schnellen Kopfbewegungen verschwindet. Das ist auch bei mir der Fall.“

    Es ist sehr vernünftig auch eventuelle körperliche Ursachen zu beleuchten. Willkommen ist alles was Linderung verschafft.

    Um auf den oben zitierten Beitrag zurückzukommen:

    Selbstverständlich ist unser Gehirn für unsere Wahrnehmung zuständig, und es könnte uns etwas vorgaukeln. Entweder es verarbeitet die einkommende Information des Ohres/Druckempfindungen unserer Haut, und wir spüren etwas, oder unser Gehirn unterlässt es solche Informationen in Form von Empfindungen wie „Ich höre etwas brummen“, oder ich spüre Vibrationen zu generieren.

    Wenn das Gehirn sagen wir eine von aussen kommende Frequenz von 3Hz verarbeitet, und es nicht weiter zuordnen kann, so werden Sie ggf. (sofern Ihr Gehirn es möchte) eine Vibration spüren, oder einen anderweitigen Eindruck bekommen.

    Wenn Sie jetzt anfangen ihren Hals zu bewegen, oder Ihren Arm, oder etwas gehen, dann wird Ihr Gehirn die von aussen kommende Schwingung (insofern sie annähernd gleich Ihrer Bewegungsfrequenz ist) als ihre eigene Bewegung interpretieren, und somit die Information von aussen verwerfen, oder mit niedrigerer Priorität behandeln. Oder in anderen Worten: Sie werden in dem Moment weniger Vibration/Brummen wahrnehmen.

    Einen Interessanten Beitrag zu diesem Thema gibt es hier: https://www.youtube.com/watch?v=mCJh03-BpG4

    Ich möchte ausdrücklich betonen, dass sich mein Gesagtes lediglich auf eigene Erfahrungen stützt.
    Ich muss bereits seit längeren mit für mich spürbaren Vibrationen in meiner Wohnung leben, und konnte feststellen, wenn ich die Vibrationen spüre, und mich gleichzeitig bewege, diese für mich in diesem Moment fast verschwindet. Sobald ich wieder ruhe, kommt sie wieder.

    Etwas abhängig ist dies auch von der Frequenz die als Aussenwirkung kommt, und in welcher Frquenz ich mich bewege. Also komplett auf alles ist es nicht anwendbar. Aber interessant ist es.

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  3. Margarete

    Guten Tag,
    mein Wohnort befindet sich 25 km südlich von Hamburg.
    Den Brummton höre ich seit mind. 10 Jahren. Seit ca. 2 Jahren ist er so laut geworden, vor allem nachts, dass ich ohne die Ohren zuzustöpseln, nicht schlafen kann. Schaumstoff-Stöpsel helfen nicht, verstärken das Geräusch eher, mir hilft Watte dick mit Olivenöl getränkt.
    Ich bin inzwischen sicher, dass das Wummern durch Windkraftanlagen hervorgerufen wird. Ich habe jahrelang gesucht, habe Baustellen o.ä. als Ursache geprüft, irgendwann war ich mir sicher, dass es die Windräder sind. Der Ton verändert sich je nach Wetterlage, d.h. Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit und Windrichtung, nachts, wenn sich die Umweltgeräusche vermindern, am lautesten. Manchmal stehen die Windräder still, dann höre ich auch keinen Brummton. Die am dichtesten an meinem Wohnort stehenden Windräder sind ca. 3 km entfernt, es gibt in fast alle Himmelsrichtungen welche, manche dichter, andere weiter weg. Ich gehe davon aus, dass der Infraschall ziemlich weit wahrzunehmen ist. Im Netz habe ich einen Artikel gefunden, der beschreibt, dass anderweitige Schallmessungen, um von Windkraftanlagen nicht beeinflusst zu werden, mind. 20 km von diesen entfernt vorgenommen werden sollten.
    Vielleicht hilft dieser Hinweis. Ich habe sonst auch noch niemanden gefunden, der/die es genauso störend empfindet wie ich, wenn ich darauf aufmerksam mache, hören es manche dann aber auch.
    Übrigens: Ich höre das Wummern auch an anderen Orten – das Land ist ja inzwischen zugepflastert.
    Liebe Grüße!
    Margarete

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  4. Benjamin Schmidt

    Moin Moin,
    ich wohne zwischen in SH zwischen Eckernförde und Kiel, dein Bericht spiegelt meine Erfahrungen und Wahrnehmungen genau wieder.
    Die selbe Steigerung und Intensivierung hinweg über die Jahre, das Brummen ist mittlerweile auch draußen, zwar nicht so intensiv wie im Haus, aber „für mich“ deutlich zu hören. Die Richtung kann ich nicht wirklich einschätzen.
    Ich suche jetzt auch nach „Mithörern“
    Meine Frau kann den Ton Max. nur sehr leicht wahrnehmen.

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